Überholung der Fenster in den Holzaufbauten

Die Andra VOR dem RefitIm Laufe der letzten 30 Jahre haben die Fenster unserer Segelyacht Vindö 65 Mix „Andra“ kräftig „Patina“ angesetzt, und zwar mehr als uns lieb ist. Da wir ohnehin den Beize und Lackaufbau der Aufbauten unseres GFK-Klassikers wieder neu herstellen müssen, haben wir uns für einen Refit der Fenster entschlossen: Wir wollen Rahmen, Nut und Fenster von Grund wieder neu aufbauen, Fenster und Rahmen dabei gründlich reinigen und die Eindichtung komplett neu herstellen.

Der aktuelle Zustand

Die Rahmen sehen nicht so schön aus

Unsere Voreigner haben – und das ist auch gut so – von Zeit zu Zeit zur Wiederherstellung des UV-Schutzes das Mahagoniholz der Aufbauten mit neuen Lackschichten geschützt. Über die Jahre und mit schwindender „Liebe“ sind dabei jedoch einige, zum Teil wohl auch recht typische Phänomene aufgetreten:

1)      Durch das „Drumherumschleifen“ stehen die Fenster regelrecht über die Aufbauten heraus, bestimmt 1-2 mm, stellenweise mehr. Dadurch entsteht eine Flanke, die anfällig für eindringendes Wasser ist, speziell wenn die Dichtung über die Jahre nachlässt.

2)      Immer mehr Lackschichten, die wohl der Abdichtung dienen sollen, verunstalten den Edelstahlrahmen. Je älter und dicker der Lack, desto spröder wird er, und desto „fieser“ sieht das dann aus, zumal sich dann im Kampf gegen eindringendes Wasser auch noch teerähnliche schwarz-bläuliche Dichtungsschmiere dazugesellt hat.

3)       Einige Schrauben sind von Rost befallen, sind rund und/oder halten nicht mehr. Auch hier kann Wasser eindringen und die Dichtung auf der Innenseite des Edelstahlrahmens wird nicht mehr gleichmäßig auf Fenster und Holzlaibung gedrückt.

Raus mit den alten Fenstern

Auf die Diagnose folgt der Plan: Das haben wir vor!

Wir werden die Fenster ausbauen, sie von alten Dichtungen und Lackresten reinigen, auch den Lack der Aufbauten rund um die Fenster entfernen, die Falzen der Laibungen auf die Solltiefe ausfräsen, dann Beize und Lack des „nackten“ Mahagoniholzes wieder aufbauen, Dichtungen wiederherstellen und zu guter Letzt die Rahmen wieder montieren.

Dreckig, klebrig und undicht

Das ist eine Menge – schaffen wir das in einem Refit-Winter? Wir müssen, denn schon im Juni des Folgejahres erwarteten uns die ersten Chartergäste  – und legen los!

Schritt 1: Ausbau der Fenster

Zunächst bauen wir also die alten 14 Fensterrahmen aus, das ist recht einfach und schnell, wenn nicht überall die ekelhaft „schwarze Schmiere“ wäre, ein recht verzweifelter Versuch eines Voreigners, das Wasser auszusperren. Die Fensterscheiben kommen Stück für Stück mit allen Schrauben und Rahmen gut beschriftet in je eine Tüte. Das ist wichtig, denn nix ist zeitraubender und überflüssiger, als nachher bei der Endmontage die Teile wieder den jeweiligen Einbauöffnung zupuzzeln zu müssen. Hier ist bei dieser Arbeit der „Point of

No-Return“ – Ist ein Fenster erst mal aus den alten Dichtmassen gelöst, wird es damit nicht mehr abzudichten sein und der Weg geht nur noch nach vorne – ein gutes Gefühl ;-)

Die Rahmen sind zugekleistert mit altem Lack

Schritt 2: Reinigung der Rahmen und Scheiben

Generell ist das keine sehr schwierige Aufgabe, aber ein bisschen schmutzig und „stinkig“ ist sie schon. Und die 14 Fenster erfordern einiges Durchhaltevermögen, denn pro Fenstersatz muss– je nach Verschmutzungsgrad - locker 1-2 Stunden Zeitbedarf einkalkuliert werden. Bei unseren Fenstern waren es eher 2 Stunden ;-)

Daher habe ich mir dafür im Freien zwei Böcke mit einer lösungsmittelbeständigen Arbeitsplatte darauf aufgebaut. Die drei Bilder zeigen dann auch gleich den ersten Fenstersatz: Scheibe (mit ekliger blauschwarzer Schmiere), das auf der Rahmenrückseite aufgeklebte Neoprendichtungsband und die mit den Lackschichten vieler Jahre verunstaltete Vorderseite des Fensterrahmens.

Werkzeug und Material

Gute Dienste leistet ab hier folgendes Werkzeug und Material: Dicke Gummihandschuhe, 50 mm Flachpinsel, mittelbreiter Spachtel (am besten mit abbeizerbeständigem Griff!), Abbeizer aus dem Baumarkt, Verdünner, ggf. Silkonentferner.

 

Alten Lack vom Fensterrahmen entfernenRunter mit dem Zeug

Jetzt geht es los: Zunächst ziehe ich mit dem Spachtel die auf der Glasscheibe verbliebene schwarze gummiartige Dichtungsmasse grob ab. Das Gleiche passiert mit dem Neoprendichtungsband auf der Rückseite des Edelstahlrahmens. Zurück bleibt ggf. ein stark haftender Kleber und Dichtungsreste.

... und von der RahmenrückseiteMit dem Pinsel trage ich dann großzügig den marmeladenartigen Abbeizer auf Vorder- & Rückseite des Rahmens und auch auf der Glasscheibe auf

Nach etwa 8-10 Minuten Einwirkzeit beginne ich, mit dem scharfen Spachtel den Kleber des Neoprenbandes, Dichtungsmittelreste und Lack abzuschieben. Je älter der Lack, desto spröder und widerspenstiger ist er. Dieser Arbeitsgang erfordert einige Wiederholungen: Abbeizer und Klebereste mit Küchenrolle abwischen und erneut Abbeizer auftragen, weiterputzen bis wirklich kein Rückstand mehr zu sehen ist.

Fensterschaube gereiningt!Zum Schluss reinige ich Scheibe und Rahmen mehrfach mit Verdünner, damit die Oberfläche wirklich sauber sowie klebstoff- und abbeizerfrei ist. Die letzten Lackrestchen und Verfärbungen von Flugrost auf den Edelstahlrahmen und Epoxyspritzer etc. poliere ich mit Stahlwolle weg, die sowohl Glas als auch den Edelstahl nicht verkratzt. Gerade dem Metall tut dieses „Peeling“ richtig gut.

Gereinigt siehr er schon besser aus

 

An dieser Stelle mag die Arbeitsbeschreibung gefühlt gerade zu 30% fortgeschritten sein, die Arbeit ist damit aber bereits zu gut 80% erledigt. Tatsächlich ist die Reinigung der Fenster der Hauptteil der Mühe.

 

Schritt 3: Die neue Fensterrahmendichtung

Rahmen mit neuer Dichtung

Das nun folgende Aufkleben der geschlossenporigen Neoprendichtung von 19 mm Breite und 3 mm Dicke geht flott von der Hand: Ziehen Sie das einseitige Klebeband ab und kleben Sie es mittig auf der Rückseite der sauberen Fensterrahmen auf. Auch Bögen, die enger als 90 Grad sind, machen aufgrund der Dehnfähigkeit des Materials keine Probleme. Schneiden Sie es so ab, dass es gerade nicht mehr überlappt und fugenlos schließt. Dann haben wir die Schraubenlöcher durchgestochen, damit sich das Moosgummi nicht bei der Monatge der Rahmen um die Schraube wickelt und so beim Aufschrauben die Dichtung nicht von innen zerreißt.

Rahmen mit neuer Dichtung-Vorderseite

Schritt 4: Der Fensterausschnitt

Wir schleifen zunächst die alten Lackreste runter und schließen Schraubenlöcher, risse und Spalten mit Holzkit und kleinen Holzteilen und Holzkleber. In der Innenrundung geht dies am besten mit einem Schleifroller sowie der Bohrmaschine mit Lamellenschleifpapieraufsatz.

Jetzt ist die Fensternut dran: Da vorherige Eigner immer schön „um das Fenster herum“ geschliffen haben, steht das Fenster inzwischen einige Millimeter ab. Die Nut ist zwischen 3 - 6 mm tief und muss also wieder tiefergefräst werden, dass die Scheibe später auf der Dichtung aufliegend ca 1mm übersteht, damit der Rahmen sie gleichmäßig anpressen kann.

Schleifen der FensterpfalzMit einer leichten Perles Oberfräse und einem Falzfräser ziehen wir nun die Fuge im Holz der Aufbauten nach und schaffen dadurch wieder ein gleichmäßiges Lager für die Glasscheibe. Dann beizen und beschichten wir die Falz mit 2k-Klarlack (auch Epoxidharz ist möglich), damit möglichst wenig Substanz unter dem Rahmen gammelt, falls doch einmal Wasser von außen oder auch Kondenswasser von innen einsickert.

Fensternut nachfräsenDann wird insgesamt entlackt und plan geschliffen. In der Fensterfalz gelingt dies am besten mit dem Bosch Rollenschleifer und dem Lamellenrad. Jetzt endlich beginnen wir zu beizen und lackieren – analog zum restlichen Holz der Aufbauten tragen wir 2 Schichten Interstain Beize von International auf und lackieren innen matt und außen mit 4 Schichten Clearwood Sealer. Zum guten Schluss folgen noch 4 Schichten Epifanes.

 

 

Schritt 5: Die Dichtung im Fensterausschnitt

Jetzt haben wir eindeutig den „destruktiven“ Teil des Refits verlassen und können aufbauen. Zunächst kleben wir eine Dichtung in die Falz ein.

Endlacken mit dem Heißluftgebläse

Wir haben dazu 20 m fako Butylkautschukband aus dem KFZ-Bau in 10mm Breite und 1,5 mm Dicke benutzt (www.fako.de).

Beize aufs Holz

Vor dem Einbau waren wir noch nicht ganz überzeugt, da das Dichtband relativ hart erschien. Es ist aber vollplastisch und schmiegt sich im Laufe der Zeit an die Scheibe an. Die Verarbeitung ist tatsächlich supereinfach: Das transparente Band wird von der klebenden Unterseite abgezogen, die Dichtung gut in die Nut eingedrückt und das Band so abgeschnitten, dass es lückenlos den Ausschnitt füllt. Beziehbar ist das Kautschukband in 2,5 Meter Rollen direkt bei www.fako.de zu durchaus moderatem Preis. Vorteil: Es ist sehr einfach zu verarbeiten, bleibt weichgummiartig flexibel, verbackt nicht mit der Scheibe, verformt sich auch bei thermischer Belastung nicht und passt sich gut an die Spalten an. Alternativ kann man auch Teroson Dichtband benutzen, wenn es das in 1-2 mm Stärke gibt.

 

Schritt 6: Endmontage

Die Arbeit geht immer fixer von der Hand, das schöne Ende ist eindeutig in Griffweite! Wir setzen nun die Fensterscheiben wieder in das Dichtungsband ein, setzen die Fensterrahmen auf und Schrauben die Schablone wieder fest.

Fensterdichtung einkleben

Wir haben komplett neue Schrauben verwendet, 4,2 x 22 Linsensenkkopf in V4A. Ursprünglich 4 x 20er Schrauben verbaut, die 4,2 x 22 halten aber etwas besser. Noch größere passten bei uns nicht, dafür hätten wir die Schraubenlöcher im Edelstahlrahmen größer ansenken müssen. Dann dichten wir zusätzlich jedes Schraubenloch rund um die Schraube aus einer kleinen Einmalspritze mit einem Tropfen Tikal Tikalflex Contact 12, um zu verhindern, dass Regenwasser entlang der Schraubköpfe und –gewinde in die Schraublöcher und damit das ungeschützte Holz eindringen kann – laut Forum die Hauptursache Nummer 1 für undichte Fensterscheiben.

und fertig!

Rund um den Schraubenkopf austretendes Contact 12 lassen wir aushärten und schneiden es nachher sauber und unauffällig bei, um die Riesensauerei beim Abwischen zu vermeiden.

Fertig! Wir sind begeistert, Es sieht toll aus, und was sollen wir sagen – die Fenster sind ausnahmslos und absolut dicht, inzwischen auch nach dem Praxistest ;-)

 

Produktnamen und Bezugsquellen:

1)      Primaster Abbeizer aus dem Globus Baumarkt

2)      Knauf Silicon-Entferner aus dem Globus Baumarkt

3)      Neopren-Dichtungsband der Marke Hatchseal in 19 mm Breite, zB. bei AWN und SVB erhältlich

4)      Fako Dichtband Nr. 3714, Butylkautschukband von www.fako.de

5)      Edelstahlschrauben mit Linsensenkkopf in V4A mit 4,2 mm Durchmesser, 22 mm Länge

6)      Leichte Perles Oberfräse mit Falzfräser

7)      Rollenschleifer Bosch PRR250-ES